Der Ort für Rast und innere Einkehr
Die Quernst-Kapelle im Nationalpark Kellerwald-Edersee ist für
Jedermann gut erreichbar. Ein fester, rollstuhlbefahrbarer Weg führt den Besucher hinauf zur Quernst. Alternativ geht der alte Kirchweg an umgeworfenen Baumriesen vorbei durch die entstehende Wildnis.
Auf der Höhe wartet dann das schmucke kleine Kapellchen, dass seit 15 Jahren dort oben thront. Es hält Wache über das historische Areal der Quernst und lädt den Besucher zur Rast und inneren Einkehr ein.
Sobald man den Euler-Parkplatz am Informationszentrum KellerwaldUhr bei Frankenau verlässt, taucht man ein in die werdende Wildnis des Buchenwald-Nationalparks Kellerwald-Edersee.
Schnell ist der Alltag vergessen. Die sich stetig verändernde Natur am Wegesrand zieht den Besucher in ihren Bann. Mit jedem Schritt ändert sich die Perspektive. Hier erlebt man Gottes vielfältige Schöpfung im Wandel der Jahreszeiten auf jedem Meter.
Der aromatische „Duft“ des Waldes lässt uns tief durchatmen, Entspannung stellt sich mit jedem Schritt ein. Eine Vielzahl von Eindrücken am Wegesrand - alte vermodernde Baumriesen, Vogelgesang, Begegnung mit diversen „Krabbeltieren“ und Tierspuren - machen den Weg hinauf zu einem Erlebnis.
Oben auf der Quernst angekommen, öffnet sich der Wald, gibt den Blick frei auf den weiten Himmel über uns. Nun fühlt sich der Besucher von der kleinen Kapelle magisch angezogen. Hier möchten wir verweilen, den Ort und die Stille auf uns wirken lassen. Rustikale Bänke vor und in der Kapelle laden dazu herzlich ein.
Der Blick von hier oben über das Buchenwaldmeer und der historische Ort Quernst machen das Herz weit. Das Areal der alten Kirche mit seinen solitären, weit ausladenden Rotbuchenbewuchs wirkt wie ein „heiliger Hain“. Hier ist man eins mit der Natur und fühlt Verbundenheit mit den Menschen, die hier in historischer Erde begraben liegen.
Im hohen Mittelalter befand sich hier oben auf der Quernst ein Dorf namens Quernhorst mit einer doppeltürmigen Kirche. Sie war umgeben von einem Friedhof mit dicken Mauern aus Grauwacke. Überreste dieser Einfriedung sind heute noch im Gelände sichtbar.
Lange Jahrhunderte diente die Kirche auch den umliegenden Orten Frankenau, Schmittlotheim, Altenlotheim und Frebershausen als Pfarrkirche. Eine Zeitlang fand an der Kirche alljährlich am 3. Mai ein Jahrmarkt statt.
Nach 1400 wurde der Ort von den Menschen verlassen. Endgültig wurde die Kirche und die Pfarrei 1527 im Zuge der Reformation aufgegeben. Kirchengebäude und Kirchhofsmauer verfielen. Die Überreste der einstmals mächtigen Kirche dienten bis ins 19. Jahrhundert noch als Steinbruch. Später überwucherte der aufgeforstete Wald die Kirchenruine und das ganze Areal der Quernst. Mehr und mehr geriet die Quernst in Vergessenheit.
Doch ganz vergessen wurde sie nie. Als im Februar 1990 der Sturm Wiebke das Quernst-areal wieder freilegte, brachte dies eine Gruppe von Bürgern auf die Idee, am Pfaffenwald eine Kapelle zu errichten. Sie sollte an die alte Quernstkirche erinnern und den Wanderern im Nationalpark Kellerwald-Edersee eine Stätte der Zuflucht und Einkehr bieten.
Im engen Zusammenspiel mit der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Frankenau gründete sich der Verein Freunde der Quernst e.V. und setzte einen Entwurf des Architekten Manfred Quehl aus Felsberg in die Tat um. Die Kapellenform stellt den guten Hirten dar, der schützend seinen Mantel ausbreitet.
Heimische Handwerker bauten mit heimischem Baumaterial – Grauwacke, Tonschiefer und Lärchenholz - 2006 die Kapelle. Sie ist die einzige Kirche in einem Nationalpark in Deutschland, der wegen des außergewöhnlichen Buchenbestandes seit 2011 sogar das wertvolle Attribut Weltnaturerbe trägt. Seither finden dort jedes Jahr an Christi Himmelfahrt sowie an zwei weiteren Sonntagen im Verlauf des Jahres Gottesdienste statt. In der Kapelle bezeugen Einträge in das Gäste- und Gebetsbuch von vielen Besuchern aus der ganzen Welt.