Geistliches Wort
Pfingsten 2021
Gottesdienste an Pfingstsonntag:
9.30 Uhr in Thalitter, 10.15 Uhr in Dorfitter und 11 Uhr in Obernburg
„Gott gab uns Atem, damit wir leben. Er gab uns Augen, daß wir uns sehn. Gott hat uns diese Erde gegeben, daß wir auf ihr die Zeit bestehn!“
Eckart Bücken 1982 (EG 432,1)
„Und als der Pfingsttag gekommen war, waren sie alle an einem Ort beieinander. Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Wind und erfüllte das ganze Haus, in dem sie alle saßen. Und es erschienen ihnen Zungen zerteilt, wie von Feuer; und er setzte sich auf einen jeden von ihnen, und sie wurden alle erfüllt von dem Heiligen Geist und fingen an, zu predigen, in anderen Sprachen, wie der Geist ihnen gab auszusprechen!“
Apostelgeschichte 2, Vers 1-4
Liebe Gemeinde!
„Nein, nein, nein – nicht noch einmal verschieben! Das ist jetzt der vierte Termin und dabei bleibt es!“ So ungefähr hat es auf einem Elternabend mit den Konfirmanden 2020 in einer benachbarten Gemeinde geklungen.
Was war geschehen? Es ging um die Konfirmation der Konfirmandinnen und Konfirmanden 2020. Nach Ausbruch der Pandemie wurde sie zunächst auf den Sommer verschoben. Eine Konfirmation ohne Eltern und Paten, das geht nicht. Das konnte sich niemand vorstellen. „Doch dann ist sicher alles wieder gut ...“, dachten alle.
Als abzusehen war, daß eine Konfirmation mit der ganzen Familie auch im Sommer 2020 so nicht zu feiern ist, haben sich dann alle darauf verständigt, sie im nächsten Frühjahr 2021 mit einem Jahr Verspätung zu feiern. „Dann ist sicher alles wieder gut …“, dachten alle wiederum.
Als der ewige Winter nicht enden wollte und die dritte Welle wütete, trafen sich alle wieder und überlegten, wann und wie sie nun endlich die Konfirmation würden feiern können. Und sie verständigten sich auf den Sommer 2021 – ein Jahr und drei Monate nach dem traditionellen ursprünglichen Termin. „Dann können wir hoffentlich endlich feiern …“ dachten die meisten, einige aber zweifelten.
Nun liegt das öffentliche Leben immer noch danieder und keiner weiß so ganz genau, wie es alles weitergeht. Die Schüler der Jahrgangsstufen 8 – 12 haben schon seit Weihnachten keine Schule mehr von innen gesehen. Die große Unsicherheit bleibt.
„Jetzt feiern wir wie geplant im Juli – was auch immer geschieht …Ein viertes Mal verschieben wir nicht“. Etwas trotzig, aber auch voller Hoffnung haben das nun Eltern, Konfirmandinnen und Konfirmanden, Kirchenvorstand und Pfarrer gemeinsam beraten und beschlossen.
Was für die Konfirmanden und ihre Familien gilt, gilt auch für viele andere: für die Jubiläumskonfirmationen, für die Tauffamilien, für die Brautleute, die Jubiläumshochzeiten. Eine Braut rief unter Tränen an und mußte ihre Hochzeit nun schon zum zweiten Mal verschieben …
Auch unsere vielen Gottesdienste mit der Evangelischen Kindertagesstätte und der Schule, zur Aufnahme in den Kindergarten, zur Verabschiedung mit Segen, die Einschulung, wichtige Gottesdienste und Meilensteine im Leben eines Kindes konnten nur sehr eingeschränkt und im Freien im letzten Jahr stattfinden.
All diese Gottesdienste und Feste gehören wie der Atem zu unserem Leben. Sie markieren wesentliche Momente unseres Lebens und verbinden wesentliche Ereignisse - von der Taufe, die Gottesdienste im Kindergarten und der Schule, die Konfirmation bis zur Hochzeit – in einer Gemeinschaft von Familie, Nachbarn, Freunden und Gemeinde mit Gott.
Wenn wir nun darum ringen, immer wieder darum ringen, wie solche Feste zu organisieren sind, ob sie überhaupt mit meinen Lieben stattfinden können, dann spüren wir alle, wie wir sie schmerzlich vermissen und wie sie zum Leben dazu gehören, unserem Leben auch Richtung und Halt und Orientierung schenken.
Bei der auf dem Rasen des Sportplatzes durchgeführten Zeugnisausgabe zum Abitur unserer Tochter im letzten Jahr hat die Schulsprecherin weise, ja fast prophetische Worte gesagt, die den stolzen und dankbaren Vater sehr berührt haben: „Keine gemeinsame Schule mehr, nicht mal eine Verabschiedung von den Lehrern, kein Abistreich, kein Umzug, kein Abiball – gar nichts. Und wenn wir uns vielleicht im nächsten Jahr wieder treffen, vielleicht zum Abiball, dann fühlt sich das eher an wie ein Ehemaligentreffen …“. Da mußte der bewegte Vater schon schlucken …
Nun ringen wir also um unsere Feste und Feiern, um unsere Gottesdienste – online auf der Couch und im Freien – und suchen gemeinsam nach Wegen, fröhlich, hoffnungsvoll und festlich die Familien und Gemeinden zu versammeln, zu taufen und zu konfirmieren – und auch später, wenn alle geimpft sind – wieder rauschende Hochzeiten und Jubiläumshochzeiten zu feiern.
Feste, wirkliche Feste und Feiern, leben von der Gemeinschaft zwischen Menschen und mit Gott. Die Sehnsucht nach diesen Festen und Gottesdiensten führt uns die Tiefe und die Bedeutung dieser Feste vor Augen.
„Unser Leben sei ein Fest, Jesu Geist in unserer Mitte, Jesu Werk in unseren Händen. Jesu Geist in unseren Werken. Unser Leben sei ein Fest an diesem Morgen und jeden Tag“ (EG 555,1).
An Pfingsten schenkt uns Gott mit der Ausgießung des Heiligen Geistes mit der Begründung des Glaubens den Urgrund für all diese Feste und Feiern. Der Heilige Geist ist der Unterpfand des Himmels auf Erden – der Glaube der irdische Vorgeschmack auf das himmlische Paradies, die Quelle, um auf dieser Erde überhaupt bestehen zu können. Aus diesem Geist nur können wir unser Leben miteinander gestalten – und Feste feiern.
Die Mütter und Väter des Martin-Luther-Hauses in Frankenau haben beim Bau des Hauses eine hoffnungsvolle Losung kunstvoll und in großen Lettern an die Wand geschrieben. Ein Wort, an das ich in dieser Zeit immer wieder denken muß: „Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit!“ schreibt der verfolgte und später hingerichtete Apostel Paulus an seinen Schüler Timotheus (2. Tim 1,7).
Aus diesem Geist ist aus einer kleinen Schar verfolgter Jüngerinnen und Jünger in Jerusalem (Apg 2, 1-12) die größte Glaubensgemeinschaft der Welt geworden (Mt 28,18-20). Aus diesem Glauben und in dieser Zuversicht können wir all das, was uns so zermürbt, ertragen und weiter hoffen, immer wieder hoffen.
Diese Kraft der Liebe und Besonnenheit, der Zuversicht und der Hoffnung wünsche ich Ihnen allen als Ihr
Harald Wahl, Pfarrer
„O komm, du Geist der Wahrheit und kehre bei uns ein, verbreite Licht und Klarheit, vebanne Trug und Schein. Gieß aus dein heilig Feuer, rühr Herz und Lippen an, daß jeglicher getreuer den Herrn bekennen kann.“
Philipp Spitta 1827 (EG 136,1)
„Geist Gottes, Schöpfer unseres Lebens.
Tröste uns, wenn wir einsam sind.
Führe uns zusammen, wenn wir auseinanderstreben.
Gib uns Worte füreinander, wenn wir uns nicht verstehen.
Darum bitten wir im Vertrauen auf Jesus Christus – unseren Herrn.
Amen.“